Unlängst war ich in einer Schule zum Thema "Schwierige Elterngespräche" eingeladen.
Was die Lehrkräfte am Schluss des Workshops formulierten, inspiriert mich zu diesem Blogbeitrag.
Sie sagten zum Beispiel so oder so ähnlich:
- Ab jetzt werde ich stärker auf meine Körpersprache achten.
- Auf jeden Fall nehme ich mir das Aktive Zuhören für Elterngespräche - vielleicht auch für andere Gespräche - vor.
- Vieles habe ich schon intuitiv gemacht, nun mache ich es bewusst.
- Mir ist noch mal deutlich geworden, wie wichtig besonders zu Beginn eine gute Gesprächsatmosphäre ist.
- Das Wohl des Kindes verbindet uns (Lehrkraft und Eltern). Das kann man im Gespräch immer wieder sagen.
- Ich werde das nächste Elterngespräch mehr steuern.
- Ich werde mehr Empathie zeigen, vorher dachte ich, es sei höflich, immer zurückhaltend und sachlich zu bleiben.
- Man braucht wirklich Zeit für diese Gespräche, nicht mehr zwischen Tür und Angel.
- Wir können schwierige Elterngespräche gemeinsam vorbereiten, nach vorheriger Absprache mit den Eltern vielleicht sogar gemeinsam führen.
- Es ist tatsächlich ein Schatz, wenn wir uns gegenseitig vertrauen. In diesem Kollegium kann ich das.
SCHLAGLICHTER AUS DEM WORKSHOP
Keine Rezepte
Sicher gibt es keine Rezepte für reibungslos ablaufende Elterngespräche und schon gar keine Garantien. Wir können uns aber die Gesprächssituation klarmachen, eine wertschätzende Haltung einnehmen und für gesprächsförderliche Bedingungen sorgen.
Aktion Mensch
Es ist so wichtig, uns immer wieder zu verdeutlichen, was Eltern von uns brauchen. Sie möchten respektiert werden, sich sicher fühlen und gewiss sein, dass ihr Kind gut bei uns aufgehoben ist. Sie möchten unsere Bereitschaft spüren, dass wir das Beste für ihr Kind ermöglichen. Selbst wenn Eltern uns im Gespräch misstrauisch oder ärgerlich begegnen, uns beschuldigen oder beleidigen, motiviert sie dieser Wunsch am meisten.
In einem Gespräch mit Eltern sehen wir immer nur die "Spitze des Eisbergs". Das sind etwa 10%-20% in Form des Themas und der bewussten Gesprächs- und gezeigten Gefühlsanteile; ca. 80%-90% machen dagegen unbewusste Bedürfnisse, verdeckte oder unverarbeitete Emotionen und Erfahrungen aus, die wir nicht sehen können, weil sie den zwar viel größeren, aber unsichtbaren Teil des Eisbergs bilden, der unterhalb der (Wasser-) Oberfläche liegt ("Eisbergmodell").
Es lohnt sich, den ganzen Eisberg in Betracht zu ziehen, Eltern als "ganze Menschen" zu begreifen. Auch wenn wir ihre individuelle Geschichte nicht kennen, w i r wissen, sie sind - im aktuellen "schwierigen" Gespräch - nicht frei von ihren Ängsten, Sorgen, Nöten (schlechte persönliche Schulerfahrungen, Trennung, Scheidung, Arbeitsplatzverlust ...), und sie kämpfen, um das Beste für ihr Kind zu 'rauszuholen'.
Deshalb, selbst wenn es zuweilen schwerfällt, können wir als professionelle Lehrkraft in uns ruhen, und wir brauchen 'Angriffe' nicht persönlich zu nehmen!
Aktiv zugewandte Haltung
Unser Verständnis für den Menschen drückt sich in unserer wertschätzenden Haltung den Eltern gegenüber aus. Es ist die innere Haltung, auch in schwierigen Situationen gemeinsam im Gespräch einen guten Weg zu finden. Unsere Körperhaltung ist entsprechend zugewandt, nicht konfrontativ, z.B. dank freundlichem Blickkontakt und einer Gesprächsführung auf Augenhöhe (im Sitzen im 90-Grad-Winkel, damit Blicke sich frei zwischen Ihnen und im Raum bewegen können).
Aktives Zuhören
Aktives Zuhören ist ein wichtiges Handwerkszeug ("Nicken und Grunzen"): "Aja", "Hm", "Verstehe" ...
Außerdem: nachfragen, paraphrasieren, zusammenfassen, um Erläuterung bitten und "catch the parent doing good", nämlich Gesagtes sogleich positiv hervorheben, wenn Eltern "Gutes" äußern (eine gute Idee, eine Lösung, einen Vorschlag, der in die richtige Richtung weist ...).
Aktives Steuern
Meinen "Leitfaden für Elterngespräche", den wir im Workshop in einer Übungsphase experimentell zur Gesprächssteuerung verwendet haben, können Sie kostenlos per E-Mail erhalten. Schreiben Sie kurz an: boll.coaching@gmail.com
Aktiver Zusammenhalt
Abschließend das wichtigste Schlaglicht: Zusammenhalt im Kollegium! Nicht gegen die Eltern, sondern um gemeinsam kreative Ideen und gute Lösungen für Schwierigkeiten zu finden.
Gegenseitige Unterstützung kann entscheidend sein - und eine Schulleitung (hier eine Schulleiterin), die dies fördert und selbst annimmt! Bei der Initiative für diesen Workshop wurde sie von der Beratungslehrerin der Schule unterstützt.